Techniktraining am Ochsenkopf

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Irgendwie bin ich Trails immer runtergekommen. Extrem steile und technische Sachen mache ich sowieso nicht, auf verblockten Passagen fährt oft die Angst mit, zur Not steige ich ab. Mit den Jahren ist im Bikepark zum Grün der gefahrenen Tracks sogar mal Blau dazugekommen, das Nonplusultra der Fahrfreude waren aber bis jetzt Waldtrails auf Laub mit leichtem Gefälle. Nach diesem Techniktraining hat sich die Skala der Fahrfreude definitiv erweitert: Wurzel- und Steinteppiche können richtig Spaß machen.

 
 

Das Bullheadhouse am Ochsenkopf ist für unsere Vierergruppe der Treffpunkt für das ganztägige Techniktraining. Das Niveau liegt zwischen MTB-Technik für Fortgeschrittene und Flowtrail für Einsteiger. Wir haben unsere eigenen Bikes, trailtaugliche Bikes kann man sich aber auch im Bullheadhouse leihen.

Grundhaltung

Grundhaltung

Bei der Besprechung mit unserem Trainer Peter wird schnell klar, dass wir erst einmal mit den Grundlagen des Trailbikens vertraut werden wollen. Also, ab auf den Parkplatz, Bikecheck und dann Demonstration der Grundhaltung. Step by Step zeigt uns Peter, wie man in die Grundhaltung findet: treten, rollen lassen, ganz aufrichten, dann Hüfte nach hinten, bis der Körperschwerpunkt über der Kurbel liegt, die Beine ohne Spannung leicht gebeugt, die Füße parallel und mittig auf den Pedalen, die Arme abgewinkelt und locker, die Ellenbogen nach vorn.

Feste Füße, leichte Hände!
— Peter, Trainer

Mit festen Füßen und leichten Händen wird man zum lebenden Stoßdämpfer, und das bedeutet, dass einen praktisch kein Hindernis mehr schrecken kann. Das wird dann auch gleich intensiv geübt, immer wieder rollen wir über einen dicken Ast und nutzen dabei unsere körpereigenen Stoßdämpferqualitäten. Vormachen, nachmachen, Korrektur. Die Bewegungselemente kombinieren und wieder vormachen, nachmachen und Korrektur.

Als die Grundhaltung sitzt, brechen wir ins Gelände auf, zunächst auf einen kurzen Waldtrail mit etwas Gefälle. Peter markiert die kurze Strecke mit grünen, gelben und roten Hütchen. In Grundhaltung anfahren, Spannung aufbauen, bremsen und vor den roten Hütchen zum Stehen kommen. Eigentlich keine große Sache, bremsen kann doch jeder. Stimmt leider nicht. Aus Angst davor, über den Lenker zu fliegen, scheut man sich instinktiv, die Vorderbremse intensiv einzusetzen, also rutscht man weg. Für uns geht es heute nur um die Grundlagen, Reinschnuppern reicht. Peter verstaut die Hütchen wieder im Rucksack, und wir kurbeln einige Höhenmeter hinauf zum Einstieg in einen Trail. Bei der ersten Steinstufe wird angehalten. Sie ist nicht besonders hoch, aber mit ca. 30 Zentimetern kann sie schon als Hindernis bezeichnet werden. Peter macht uns in Zeitlupe vor, wie man so eine Stufe locker anfährt, Körperspannung aufbaut, indem man Arme und Beine weiter beugt, und dann in dem Moment, wo man über die Kante rollt, den Höhenunterschied der Stufe durch Strecken der Arme abfedert.

Peter demonstriert Schritt für Schritt, wie man über eine Steinstufe rollt.

Peter demonstriert Schritt für Schritt, wie man über eine Steinstufe rollt.

Jeder von uns rollt mehrmals über die Steinstufe, am Anfang vorsichtig mit wenig Schwung, dann “bügeln” wir immer mutiger und selbstverständlicher drüber. Es macht Spaß, umso mehr, als es schließlich weiter flowig den Trail über Wurzeln und Steine bergab Richtung Bullheadhouse geht. Nach so viel Theorie und Praxis ist eine Pause angesagt. Kaum sitzen wir in der Gaststätte, fängt es an, wie aus Eimern zu schütten. Glück gehabt. Zum Mittagessen gibt es Burger und, weil sich immer neue Wolkenberge mit Regen vom Steinachtal heraufschieben, danach noch Cappuccino und einen lauwarmen Pflaumenkuchen mit Streuseln. Genug Kalorien für den zweiten Teil des Techniktrainings.

Nach dem Mittagessen fahren wir auf einen anderen Parkplatz, der ein leichtes Gefälle hat. Der Regen hat aufgehört. Jetzt geht es um Hindernisse, die sich nicht einfach überrollen oder wegbügeln lassen, sondern die man durch Anheben des Vorder- oder Hinterrads überwindet. Den Lenker hochreißen bringt nichts. Der Trick ist die Entlastung des Vorder- oder Hinterrads, indem man die Körperspannung einsetzt. Das Vorderrad entlasten: kurz vor dem Hindernis den Körper aus der Grundhaltung dynamisch nach hinten strecken, Hüfte nach hinten. Tatsächlich, nach ein paar Versuchen hebt das Vorderrad im richtigen Moment vom Boden ab. Beim Hinterradentlasten funktioniert es ähnlich, nur dass der Körperschwerpunkt beim Strecken nach vorne verlagert wird und der Effekt bei unseren Hinterrädern kaum sichtbar ist.

Vorderrad entlasten

Vorderrad entlasten

Trockenübungen und Einsatz auf dem Bike wechseln sich ab. Peter ist unerbittlich, ruft “Ferse”, zupft an Ellenbogen, dirigiert uns über Latten und Äste und hält das Rad von vorn, damit jeder mal, auf den Pedalen stehend, wie ein Skispringer von der gebeugten in die gestreckte Position schnellen kann.

Nach vielen hoch konzentrierten Runden beenden wir die Parkplatzübungen und kurbeln rüber zum Ochsenkopflift. Die Seilschwebebahn bringt uns samt Bikes schweißfrei auf den Ochsenkopfgipfel. Obwohl der Kurstag lang war, bin ich nicht müde, sondern ziemlich gespannt darauf, wie es sein wird, die Bewegungsabläufe auf dem Trail auszuprobieren. Peter erspart uns das erste, grob verblockte Trailstück und lotst uns etwas unterhalb des Gipfels zum Traileinstieg. Wir halten an. Vor uns liegt ein Hindernisteppich aus Granitsteinen. Gestern hätte ich das Stück zumindest teilweise geschoben. Jetzt bin ich neugierig und ganz Ohr bei der Besprechung der richtigen Linienwahl.

Fahrt vorausschauend, wählt eine Linie!
— Peter, Trainer
Linie wählen

Linie wählen

Im Abstand von ein paar Sekunden starten wir in den Trail. Ich habe eine Linie von links nach rechts gewählt. Mein Puls ist nur leicht erhöht, ich bleibe locker, bin ein Stoßdämpfer - und rolle sanft über den Steinteppich. Ich will mehr! Weiter geht es über verschiedene Trails Richtung Tal, ein Stück vom Ochsenkopf-Flowtrail ist dabei, eine längere Passage über nasse Wurzeln, auch die Steinstufe vom Vormittag ist dabei, aber im Flow nehmen wir sie kaum wahr. Endorphine rauschen im Blut. Als wir unten ankommen, haben alle dieses spezielle Grinsen glücklicher Biker im Gesicht. Es ist schon dämmrig, als wir in der Gaststätte bei Bier und Tee den Trainingstag ausklingen lassen.

Nach dem Kurs ist vor dem Kurs. Wir sind uns gleich einig, dass wir das Techniktraining in der neuen Saison fortsetzen wollen. Videos oder Fotostrecken in Magazinen sind schön zum Anschauen, es ist aber etwas ganz anderes, wenn man in einem Kurs übt und dabei immer wieder korrigiert und motiviert wird. Die MTB-Begeisterung und die didaktische Intensität unseres Trainers Peter waren sehr sympathisch und ansteckend, die Lernkurve ging steil nach oben. Ich habe von diesem Kurs sehr profitiert, fühle mich sicherer und habe noch mehr Spaß auf dem Bike, wenn es bergab geht. Absolut empfehlenswert.

Fakten Techniktraining im Fichtelgebirge

Bullheadhouse am Ochsenkopf (Fleckl):

  • Technikkurse für alle Fahrstufen von Einsteiger bis Downhill

  • Ladies only Kurse

  • E-Bike-Training

  • Gaststätte und Übernachtungsmöglichkeiten

Weitere Anbieter in der Region:

  • Fichtelrad (Ruppertsgrün): E-Bike-Kurse und Touren für alle Fahrstufen, Café im Haus

  • MTB Oberpfalz (Warmensteinach): MTB-Kurse und Touren in der Oberpfalz und im nördlichen Fichtelgebirge