Ausgerechnet Oberfranken

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Mein erstes Mountainbike war ein gebrauchtes Merida-Hardtail mit 70 Millimeter Federweg und Reflektoren an den Speichen. Ich kaufte es im Jahr 2005, meinen 40. Geburtstag hatte ich gerade hinter mir. Am Wochenende ging es mit dem Auto von München ins Alpenvorland und dann mit dem Bike auf Moser-Touren rund um den Walchensee und Tegernsee. Anfang 2008 zog ich von München nach Bayreuth. Schnitt. Schluss mit oberbayrischer Postkartenidylle, vielbefahrenen MTB-Routen und schmucken Wirtshäusern. Ich erinnere mich an meinen ersten Ausflug mit Auto und Bike ins Fichtelgebirge. Auf der Fahrt hinauf nach Warmensteinach und dann mit dem Bike von Fleckl auf den Ochsenkopf kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Es war Wochenende, aber auf den Straßen waren kaum Autos unterwegs. Auch auf den Rad- und Wanderwegen war man mehr oder weniger allein. Die Gaststätte Asenturm auf dem Ochsenkopfgipfel erinnerte an Heimatfilme aus den 1970er-Jahren und war bis auf den Kiosk geschlossen. Sendemasten statt Gipfelkreuzen. Anfangs fühlte es sich fremd an, aber dann …

Fünf Gründe, warum ich Oberfranken so mag

  • Von der Stadt in die Natur in einer Minute

  • Naturpark Fränkische Schweiz

  • Goldkronacher Forst

  • Fichtelgebirge

  • Himmelstorte im Bayreuther Haus

Trails auf der Hohen Warte

Trails auf der Hohen Warte

Von der Stadt aufs Land in einer Minute

Dieses Phänomen gehört für mich definitiv zu den Faktoren, die Bayreuth so lebenswert machen. Hier nur ein Beispiel: Vom Bahnhof bis zum Festspielhaus auf dem Grünen Hügel braucht man mit dem Bike fünf Minuten, vom Parkplatz am Festspielhaus in den Forst von Sankt Georgen noch einmal eine Minute. Es gibt keinen Übergang, man ist in der Stadt und ein paar Reifenumdrehungen weiter im Wald und auf beim Anstieg auf die Hohe Warte. Überall sind Wanderwege ausgeschildert, Schotter knirscht, Vögel zwitschern, und es riecht nach Laub und Erde. Das Beste daran ist, dass die Hohe Warte kein langweiliges, künstlich angelegtes Naherholungsgebiet ist, sondern ein natürlicher, kilometerlanger Höhenzug mit drei markanten Erhebungen, der Hohen Wart, der Schupfenschlager Höhe und der Kühnleite. Weit verzweigte Waldpfade verdichten sich zu einem dichten Netz aus Trails, die einfach nur Spaß machen.

Naturpark Fränkische Schweiz

Typisch Fränkische Schweiz, Treppenpassage an einer Burg

Typisch Fränkische Schweiz, Treppenpassage an einer Burg

In der zentralen Fränkischen Schweiz rund um Pottenstein und das Wiesenttal habe ich vor allem in meiner ersten Bayreuther Zeit Touren gemacht. Die Region mit den bizarren Felsen und vielen Burgen ist auch außerhalb von Franken bekannt. Die Landschaft ist wildromantisch, das Essen deftig, die Brauereidichte hoch. Typisch für eine MTB-Tour in der Fränkischen Schweiz ist mindestens eine Schiebestrecke auf eine Burgruine.

Viel näher als Pottenstein, nämlich direkt vor den Toren von Bayreuth, liegt der Naturpark Fränkische Schweiz/Frankenjura. Er beginnt gleich hinter Eckersdorf. Mistelgau gehört dazu, Mistelbach zur Hälfte, ebenso Gesees. Dicht an dicht reihen sich die Hügel Richtung Westen. Schon von Bayreuth aus weithin sichtbar ist die Anhöhe der Neubürg, ein beliebtes Ziel von MTB- und Wandertouren. Der 587 Meter hohe Tafelberg ist schon wegen des traumhaften 360-Grad-Panoramablicks ein absolutes Muss auf dem MTB-Tourkalender.

Die MTB-Touren im Naturpark Fränkische Schweiz sind abwechslungsreich. Wunderbare Waldtrails wechseln sich ab mit Anstiegen auf Schotter- und Hohlwegen. Biken in diesem Gebiet bedeutet ein ständiges Rauf und Runter. An einem langen Biketag kommen hier schnell 1.000 Höhenmeter zusammen.

Die Neubürg dominiert mit 587 Metern Höhe den Naturpark Fränkische Schweiz westlich von Bayreuth

Die Neubürg dominiert mit 587 Metern Höhe den Naturpark Fränkische Schweiz westlich von Bayreuth

Goldkronacher Forst

Am südwestlichen Rad des Fichtelgebirges liegt der Goldkronacher Forst. Startet man mit dem Bike von Bayreuth Richtung Osten, geht es nach etwa 10 Kilometern bei Untersteinach steil hinauf in das Waldgebiet zwischen Bad Berneck, Goldkronach und Warmensteinach. Bald hat man die Marke von 800 Metern Höhe erreicht. Markante Punkte sind der Goldberg, der Fürstenstein und der Dreihirtenstein. Einmalig schön ist die Königsheide mit sumpfigen Wiesen, Heidekraut und ein paar Trails der Extraklasse. Den Wanderweg zwischen Goldkronach und Warmensteinach nennt man auf einem Teilstück die “Himmelsleiter”. Schnurgerade steigt der Forstweg bis zum Dreihirtenstein an, macht einen Knick und geht pfeilgerade weiter durch die Königsheide nach Norden.

Das Krebsbächlein entlang des Mittelwegs

Das Krebsbächlein entlang des Mittelwegs

Die Mountainbike-Route von Bayreuth zum Ochsenkopf führt über den “Mittelweg” ebenfalls quer durch den Goldkronacher Forst. Wer von Untersteinach schon einmal auf dem M-Weg am Krebsbächlein entlang geradelt ist, der wird bestimmt mit einem Lächeln an dieses Naturerlebnis zurückdenken. Nur zur Erinnerung: Wir befinden uns keine 45 Radminuten von Bayreuth entfernt.

Hochlandrind in der Nähe von Fichtelberg staunt über vorbeifahrende Biker

Hochlandrind in der Nähe von Fichtelberg staunt über vorbeifahrende Biker

Fichtelgebirge

Mittlerweile lebe ich seit mehr als zehn Jahren in Oberfranken. Im Fichtelgebirge gibt es ein paar Biker und Wanderer mehr, hier und da haben in die Jahre gekommene Wirtschaften neue Pächter mit frischen Konzepten bekommen. Im Winter ist auf den Ochsenkopfloipen richtig was los. Der Ochsenkopf hat eine Downhillstrecke. In Fleckl hat das Bullheadhouse einen Bikepark gebaut und bietet MTB-Kurse und geführte Touren an. Aber die Gesamtsituation hat sich nur wenig verändert. Mit Ausnahme des Ochsenkopfs liegt das Fichtelgebirge im Dornröschenschlaf. So schön die Ruhe ist, der Region wäre zu wünschen, dass mehr Menschen ihren Charme und ihre vielen Outdoormöglichkeiten kennenlernen. Sie hat so viel zu bieten für Mountainbiker: Landschaft, Höhenmeter und Trails. Ich bin dem speziellen Charme der Gegend längst erlegen. Hier gibt es kein Chichi. Biker sind willkommen. Auf den Speisekarten der Gasthäuser findet man nur wenige Gerichte, die mehr als zehn Euro kosten. Und das Fichtelgebirge gilt zu Recht als Traildorado. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, Touren und Trails zu fahren und zu kombinieren.

Himmelstorte im Bayreuther Haus

Es gibt natürlich noch viel mehr Gründe, warum man Bayreuth und seine Umgebung ins Herz schließen muss. Auch solche, die nichts mit Mountainbiken zu tun haben wie zum Beispiel die Bratwurst- und die Bierkultur. Mein ganz persönlicher Augenblick, in dem ich endgültig dahingeschmolzen bin, war ein kulinarischer. Es war auf einer Biketour im Fichtelgebirge, die nach einigen Anstiegen und vor einer langen Abfahrt am Bayreuther Haus bei Mehlmeisel vorbeikam. Zeit für eine Pause. Der Sommernachmittag war perfekt, nicht zu heiß, die Tour war wunderschön. Im Wirtsgarten saßen nur wenige Gäste. Deshalb gab es auch noch Himmelstorte mit einer unbeschreiblich köstlichen Mischung aus frischen Pfirsichen und wolkig-leichter Sahne - eine Münchnerin im Himmel.