E-MTB-Kurs am Ochsenkopf

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Dem Wort “Uphillflow” begegnet man ja schon länger in MTB-Veröffentlichungen. Fotos und Videos von E-Bikern, die in hochalpinem Gelände über scheinbar unüberwindbares Gelände nach oben jagen, machen Furore in den sozialen Medien. Welcher Biker würde das nicht gern auch mal machen? Also wir schon. Nach dem effektiven Techniktraining am Ochsenkopf im vergangenen Herbst hatten wir uns sowieso fest vorgenommen, in der neuen Saison wiederzukommen und unsere Trailskills weiter zu verbessern. Nach dem Corona-Shutdown kann man seit Juni beim Bullheadhouse wieder Kurse buchen. Auf dem Programm stehen auch E-MTB-Kurse für Trailbiker. Genau das Richtige für zwei Biker im besten E-MTB-Alter.

Im Bullheadhouse wird noch fleißig gewerkelt. Mein Leihbike ist ein Cube Stereo Hybrid 140

Im Bullheadhouse wird noch fleißig gewerkelt. Mein Leihbike ist ein Cube Stereo Hybrid 140

Das Bullheadhouse wird größer. Werkstatt, Bikeverleih und Shop kommen bald in einem großflächigen Holzanbau unter, an dem gerade noch fleißig gebaut wird. Mein Leihbike ist ein Cube Stereo Hybrid 140. Seine Spezifikationen garantieren maximalen Fahrspaß: Bosch CX Motor der 4. Generation, 625 Wh Akku, Fox 34er Rhythm Gabel, Fox Float Dämpfer und 29er Laufräder mit 2.6 Zoll Reifen. Über den Kiox-Bordcomputer lässt sich der Motor in den Stufen Eco, Tour, E-MTB und Turbo ansteuern.

In dieser Saison bin ich bislang fast nur mit meinem Hardtail gefahren. Die gut 24 Kilo Gewicht des Stereo sind deshalb erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig. Den ersten Teil des Vormittags verbringen wir auf dem Übungsplatz, um unser Fahrverhalten an die speziellen Gegebenheiten eines E-Bikes wie den ungewohnten Schwerpunkt, das höhere Gewicht und den Motorantrieb anzupassen. Anfangs noch etwas ruckelig gewöhnt man sich schnell an die Motorunterstützung und hat bald raus, wie man Schaltung und Unterstützungsstufe kraftsparend aufeinander abstimmt.

Grundhaltung beim Trailbiken

Grundhaltung beim Trailbiken

Dann wird an der Grundhaltung für das Trailbiken gefeilt. Die Hüfte so weit beugen, dass der Schwerpunkt des Körpers im Nabel über der Kurbel des Bikes gehalten wird. Die Beine leicht gebeugt, die Arme abgewinkelt und locker, der Lenker ohne Last. Beim Trailbiken wechselt man ständig zwischen Grundhaltung und Aktivierungsposition. In ruppigem Gelände aktiviert man die Körperhaltung durch mehr Spannung, die Hüfte wandert noch weiter nach hinten, die Arme werden tiefer gebeugt. Arme und Beine federn die Hindernisse, auch große, wie Stoßdämpfer ab. Das soll natürlich möglichst automatisch ablaufen. Peter macht es lehrbuchreif auf dem Übungsplatz an ein paar Holzpaletten vor: Grundhaltung, Aktivierung, Abfedern beim Rauffahren, Abfedern beim Runterfahren.

 

Eins meiner Aha-Erlebnis bei diesem Kurs war die Kurventechnik. Ich sitze schon seit mehr als 15 Jahren auf dem Bike, wusste aber ehrlich gesagt bislang nicht genau, wie man beim Biken effektiv, kraftsparend und flowfördernd Kurven fährt. Die Arme sind angewinkelt, die Hände umschließen den Lenker leicht und ohne Druck darauf auszuüben. Eine leichte Bewegung der Handgelenke nach links oder rechts sorgt für den Impuls in die gewünschte Richtung. Der Blick geht voraus in den Richtungswechsel, dann kommt der Lenkimpuls aus dem Handgelenk, das Rad folgt. Mehr ist es nicht. Der Lenker wird - zumindest auf Trails ohne krasse Spitzkehren - praktisch kaum aktiv bewegt und schon gar nicht herumgerissen. Mal ehrlich, wer wusste das mit dem Handgelenkimpuls?

Blick voraus in die Kurve, Handgelenkimpuls, das Rad folgt.

Blick voraus in die Kurve, Handgelenkimpuls, das Rad folgt.

Nach den ausgiebigen Trockenübungen auf dem Parkplatz geht es ins Gelände. Auf der ersten Schotterfahrt testen wir die unterschiedlichen Unterstützungsstufen des Motors. Mein Favorit ist ganz klar der E-MTB-Modus. Abhängig vom Pedaldruck verstärkt der Motor dabei dynamisch die Eigenleistun in der Bandbreite von Tour bis Turbo. Ein manueller Wechsel der Stufe ist nicht erforderlich. Das ist ziemlich genial, vor auf Trails. Bei anderen Motormodellen heißt dieser Modus Trail, Sport oder Active.

Nach einem kurzen Anstieg kommen wir auch schon vor dem ersten Trail zum Stehen. Uphill natürlich. Die Räder werden erst einmal abgelegt. Peter erklärt uns, worauf es ankommt. Auf den Wechsel zwischen Grund- und Aktivierungshaltung, auf die richtige Unterstützungsstufe natürlich, aber auch darauf, auf steilen und schlüpfrigen Passagen die Traktion unter den Reifen zu behalten und vorausschauend zu fahren. Die Sattelstütze beim Uphill am besten ein paar Zentimeter absenken, so ist man maximal reaktionsbereit und kann im Ernstfall problemlos vom Bike absteigen.

Das erste Hindernis ist eine mäßig steile Wurzelstufe, gut geeignet, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob man ein Hindernis pedalierend und vorwiegend sitzend nimmt oder besser kurz vor dem Hindernis stark in die Pedale tritt und dann stehend in Aktivierungsposition und mit parallel stehenden Pedalen drüberbügelt. Peter macht beides vor. Da ich mich beim Überfahren von Hindernissen von Haus aus etwas schwer mit dem Pedaltiming tue, merke ich schnell, dass mir die Variante mit Speed und waagerechten Pedalen mehr liegt. Mit Motorunterstützung ist das ein Kinderspiel, meist reicht eine oder sogar nur eine halbe Umdrehung im E-MTB-Modus, um genug Schwung zu bekommen.

Im Anschluss an den kurzen Übungstrail geht es auf einen teils steil ansteigenden Wurzeltrail. Ich senke die Sattelstütze etwas ab, trete los, der Antrieb reagiert sofort, die ersten Bäume fliegen am mir vorbei. Ich komme gar nicht dazu abzuwägen, ob eine stehende Position vielleicht doch besser als eine sitzende ist. Ich verschalte mich, kann die Unterstützungsstufe auf dem Display nicht lesen, komme vom Pfad ab, der immer steiler und wurzeliger wird. Aber wie durch ein Wunder bleibe auf dem Bike, der Vortrieb durch den Motor schiebt mich unerbittlich weiter. Ich trete wieder an, gleite über Wurzeln und Stufen, komme aus dem Staunen über das Kraftpaket unter mir nicht hinaus und schließlich am verschwitzt am der Kreuzung mit dem nächsten Forstweg an. Nach so viel Theorie, Praxis und Adrenalinausstoß sind die Energiespeicher ziemlich leer, zumindest bei den Menschen. Der Akkustand auf dem Display zeigt dagegen immer noch 80 Prozent. Zum Mittagessen gibt es im Biergarten des Bullheadhouse sehr leckere Spaghetti mit Gemüse. Noch ein Kaffee und es kann wieder losgehen.

Der Nachmittag steht unter dem Motto “Uphill mit dem E-Bike ist wie Downhill”, beim Trailbiken, versteht sich. Auf Forstwegen und Trails schrauben wir uns nach oben Richtung Ochsenkopfgipfel. Den Granitfelsteppich des Mittelwegs kurz vor dem Asenturm kennt wahrscheinlich jeder, der mal am Ochsenkopf war. Die letzten Meter sind stark verblockt und auch ohne Bike sogar für Fußgänger eine Herausforderung. Hätte vorher jemand behauptet, dass ich über diesen Felsteppich mit dem E-Bike sowohl downhill als auch uphill fahren werde, hätte ich ungläubig abgewunken. Beim Uphill bin ich dann tatsächlich hängengeblieben und habe das letzte Stück geschoben, aber immerhin habe ich mich getraut, was ich nicht für möglich gehalten hätte.

Der Mittelweg kurz vor dem Ochsenkopfgipfel

Der Mittelweg kurz vor dem Ochsenkopfgipfel

Downhill sind Bikes wie unsere Leihbikes mit viel Federweg und den 29er Laufrädern echte Granaten, auch in verblockten Passagen. Butterweich gleitet man über Felsstufen und ruppiges Gelände hinweg und hat genug Zeit, um sich die beste Linie zu suchen. Das macht wirklich Spaß. Fast alles scheint möglich. Die Kunst besteht darin, nicht zu übermütig zu werden.

Auf dem Mittelweg surfen wir die Ostflanke des Ochsenkopfs runter bis zur oberen Ringloipe und weiter in den letzten Uphill des Tages zum Weißmainfelsen. Flache und steile Passagen wechseln sich ab, der Trail schlängelt sich in teils engen Kurven über Wurzelteppiche, verblockte Stellen und immer höhere Steinstufen nach oben. Vor mir taucht eine knapp 40 Zentimeter hohe Stufe auf. Niemals käme ich mit dem Biobike auf die Idee, so eine Stufe bergauf zu fahren. Jetzt, mit dem E-MTB, trete ich einige Meter davor kurz in die Pedale, stelle sie waagerechte, werde kurz gestaucht, weil ich nicht schnell genug aus dem Sattel komme und - bin drüber und pese weiter durch den Wald. In diesem Moment ist mir sonnenklar, warum E-Biken so faszinierend sein kann. Ich bin im Uphillflow. Glückhormone zaubern ein breites Grinsen in mein Gesicht.

Zum Runterkommen im wörtlichen und übertragenen Sinn machen wir auf dem Weg zurück nach Fleckl noch einen Stopp an der Weißmainquelle. Die Stille und das Plätschern der Quelle tun gut nach so viel Action.

Fazit: Biken mit dem E-MTB macht sehr viel Spaß und ist trotz Motorunterstützung körperlich fordernd. Oder mit den Worten unseres Trainers: “Nach einer E-Bike-Tour bist du k.o. und weißt nicht warum”. Wer einmal Uphillflow schnuppern möchte, dem kann ich einen speziellen E-MTB-Kurs, wie wir gemacht haben, wärmstens empfehlen.

Fakten E-MTB-Kurse im Fichtelgebirge

Bullhead Bike am Ochsenkopf (Fleckl):

  • Kurse für Einsteiger, Trailbiker und Trailexperten

  • Biergarten, Gaststätte und Übernachtungsmöglichkeiten

Weitere Kursanbieter in der Region:

  • Fichtelrad (Ruppertsgrün): Kurse und Touren für alle Fahrstufen, Café im Haus.

  • MTB Oberpfalz (Warmensteinach): Kurse und Touren in der Oberpfalz und im nördlichen Fichtelgebirge